Rezension des Waldröschens - Vorab

Der letzte nachgereichte Band: Die Kinder des Herzogs - steht noch aus. 

Man merkt den Kolportage-Charakter an der schnell fortschreitenden Handlung und den vielen Nebenerzählungen an. Einige dieser Nebenerzählungen sind für den Fortgang der Handlung auch nur nebensächlich - z.B. die Story um Kurt bei dem Garderegiment. Die Einführung von Hilario und dem Geheimbund kam erst sehr spät und ist wenig glaubwürdig. Dieser Kniff wird von May genutzt um die Historie um den Kaiser Max in seiner Darstellung in ein gutes Licht zu stellen. Dramaturgisch ist die etwas vom Himmel gefallene Einführung Hilarios ewas plump. Auch die Tatsache, dass Hilario Emillia seine Geheimnisse gleich offenbart ist wenig realistisch. Das Ende des "Bundes" durch den Tod Arrastros dramaturgisch wenig spektakulär und insgesamt lenkt diese historische Episode um den Kaiser Max vom Haupthandlungsstrang um die Cortejos und Landola ab. Ebenso unrealistisch ist die zufällige Begegnung von Emma, Graf Fernando und Mindrello in der Gefangenschaft in Harare.

Die Figur Geierschnabels ist amüsant und sorgt für komische Momente, dennoch ist diese Figur nicht umbedingt glaubwürdig und teilweise überzeichnet. Generell ist die Anzahl der Handlungsträger auf der Seite der "Guten" sehr hoch: Die beiden Grafen, eher aber der mexikanische Graf Fernando, Mariano, Mindrello, Emma, Karja, Bärenherz und Büffelstirn, Sternau, Kurt Unger, Wagner mit Peters, der kleine Andre, Donnerpfeil und Kapitän Unger, der schwarze Gerard und Grandeprise. Teilweise sind die Figuren immer irgendwie dabei, spielen aber keine Rolle mehr. Die beiden Indianer haben nach der Pyramide des Sonnengottes praktisch keine Funktion mehr. Auch Donnerpfeil ist mehr ein Mitläufer. Auf der Seite der Antagonisten müssen in den ersten beiden Bänden jeweils ein paar zugrunde gehen: Der Häuptling der Kommantschen und Verdoja. In den weiteren Bänden wird dann in  der Nebenhandlung Ravenow und der Oberst verstümmelt. Lord Dryden oder auch der Panther des Südens treten nur kurz auf. Wieso Dryden nach dem Verlust der Millionen an den Panther weiterhin wichtige Geschäfte für Juarez begleiten darf ist auch ungeklärt. Über das Schicksal des Panthers wird man ebenso nicht aufgeklärt.

Der spannendste Teil ist mit Sicherheit die Pyramide des Sonnengottes mit den beiden Antagonisten die dort am Ende zu Grunde gehen. Die nachfolgenden Bände lassen dann etwas nach. Besonders skuril ist eine mehrseitige Beschreibung was eine Hacienda und ein Haciendero sind am Ende des letzten Bandes kurz vor der Teufelsquellenepisode. Da wollte der Verlag noch etwa 10 Seiten rausholen um das Buch etwas dicker zu gestalten - der letzte Teil ist rund 20% kürzer als die vorherigen Teil. Allerdings hätte diese Erklärung eher an den Beginn gehört und ist hier total fehl am Platz. 

Die nationalen Stereotypen bei May sind auch hier ausgeprägt. Die deutschen Sternau und Donnerpfeil sind "Riesen" und unglaublich stark. Ihnen gelingt fast alles und sie sind nur durch Hinterlist zu besiegen. Sie besitzen eine hohe Gerechtigkeitsauffassung und sind beinahe "edle" Übermenschen. Auf der anderen Seite haben der schwarze Gerard und Grandeprise irgendwelche Makel in der Biografie, Gerard war Räuber und Dieb, Grandeprise erweist sich als wenig clever indem er Cortejo und später dessen Bruder und Landola als Werkzeug dient. An zwei Stellen lässt May auch ein schlechtes Licht auf Juden fall - einmal in der Krämerepsiode in Mainz und eine zweite Bemerkung im letzten Teil. Auch da deutsche Offizierstum, gerade mit dem immer vorbildlichen Kurt der eine eiserne Ehr-, Dienst- und Pflichtauffassung hat, hat im historischen Kontext in der Geschichte Deutschlands weit nach dem Tode Mays 1912 mit dem ersten und besonders dem zweiten Weltkrieg einen etwas schalen Beigeschmack für den May aber nichts kann. 

 

Trotz der zahlreichen dramaturgischen Defizite sind die Bände doch unterhaltsam zu lesen, obwohl irgendwann in der Geierschnabel der Wunsch nach der Auflösung der Geschichte immer größer wird. Es ist vielleicht nicht der "beste" May aber dennoch: 3 von 5 Sternen. Lesenswert!

 

Bleiben noch 85 Bände zu lesen - die Briefe Band 91-96 werde ich wahrscheinlich auslassen. Ebenso dürften einige der Bände nach Band 80, sowie Band 49 Lichte Höhen und Band 34 "Ich" nur kurze und unvollständige Rezensionen erhalten.  

Kommentare